Fragen und Antworten

Wann ist die Selektivität zwischen in Reihe geschalteten NH-Sicherungen erfüllt?

Abolute Selektivität zwischen zwei in Reihe geschalteten Sicherungen ist gegebeben, wenn der I2 · ts -Schmelzwert der vorgeordneten Sicherung größer ist als der I2 · ts -Ausschaltwert der nachgeordneten Sicherung.

Nach DIN VDE 0632-2 (Tabelle 113) besteht Selektivität zwischen zwei in Reihe geschalteten Schmelzsicherungen der Betriebsklasse gG mit Bemessungssströmen In ≥ 16 A, wenn der Bemessungsstrom der vorgeschalteten Sicherung mindestens das 1,6-fache des Bemessungsstromes der nachgeschalteten Sicherung beträgt. Die Selektivität ist auch erfüllt, wenn sich die Bemessungsströme der Schmelzsicherungen sich um mindestens zwei Stufen unterscheiden. Werden diese Bedingungen bei der Staffelung der Bemessungsströme der Schmelzsicherungen eingehalten, kann auf den Kennlinienvergleich im Zeit-Strom-Diagramm verzichtet werden.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Selektivität bei Staffelung der Bemessungsströme der Schmelzsicherungen nur gilt für Schmelzsicherungen:

  • gleichen Fabrikats (z.B. SIEMENS, SIBA, ...)
  • gleichen Typs (z.B. NH, DIAZED, ...)
  • gleicher Baureihe (z.B. 3NA, 3ND, ...)
  • gleicher Betriebsklasse (z.B. gG, aM, ...)

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss die Bedingung I2 · ts > I2 · ts überprüft werden und ein Kennlinienvergleich im Zeit-Strom-Diagramm durchgeführt werden. Der Abstand der Zeit-Strom-Kennlinien zwischen vorgeordneter und nachgeordneter Schmelzsicherung sollte mindestens 20% in Stromrichtung betragen.

Anmerkung:
Im üblichen Kennlinienbereich oberhalb von 100 ms sind Schmelzzeit und Ausschaltzeit praktisch gleich. Nur bei sehr kurzen Schaltzeiten von einigen Millisekunden muss die Lichtbogenlöschzeit berücksichtigt werden. Die Hersteller liefern auf ihren Datenblättern entweder mittlere Zeit-Strom-Kennlinien, bei denen in Richtung der Stromachse Abweichungen von ±10% bei NH- und D-Sicherungen zulässig sind. In kontrollierter Fertigung lassen sich engere Toleranzbänder ±7% bei NH-Sicherungen einhalten.

Ist Selektivität zwischen in Reihe geschalteten Leitungsschutzschaltern möglich?

In einer sicherunglosen Verteilung bieten Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) nur in engen Grenzen untereinander Selektivität. Diese ist abhängig vom durchgelassenen Spitzenstrom des nachgeordneten LS-Schalters und dem Auslösestrom des vorgeordneten LS-Schalters. Hersteller führen in ihren Selektivitätstabellen auf bis zu welchem Kurzschlussstrom zwischen in Reihe geschalteten LS-Schaltern noch Selektivität besteht.
Bei einer Reihenschaltung von LS-Schaltern ist im Kurzschlussfall bei hohen Strömen keine Selektivität mehr gegeben, da der Kurzschlussstrom praktisch immer höher als die Ansprechwerte der beiden unverzögerten elektromagnetischen Aulöser ist, sodass beide LS-Schalter gleichzeitig auslösen.

Was ist Hochspannung?

In VDE 0101:1989-05 [81] wurden Spannungen über AC 1000 V (WS/DS) und über DC 1500 V (GS) als Hochspannung definiert.

Nicht genormt, aber in der Praxis üblich, ist die Unterteilung in Mittel-, Hoch- und Höchstspannung. In VDE 0101 [4] sind in den Tabellen 1 bis 3 die Spannungsbereiche A, B und C definiert. Legt man diese Bereiche zugrunde, so kann man folgende Einteilungen vornehmen:

Mittelspannung: Un= 3...36 kV Bereich A: Um= 1...< 52
Hochspannung: Un= 45...220 kV Bereich B: Um= 52... < 300 kV
Höchstspannung: Un= 275...700 kV Bereich C: Um= ≥ 300 kV

Im Entwurf der VDE 0101 vom Dezember 2008 [57] sind die Spannungsbereiche neu definiert:

Bereich 1:
1 kV < Um = ≤ 245 kV

Bereich 2:
Um= ≥ 245 kV

Was ist zu tun, wenn die Kurzschlusswerte des Netzes nicht bekannt sind?

Im Zeitalter der Computer dürfte das eigentlich nicht mehr vorkommen, und es wirft ein schlechtes Licht auf den Netzbetreiber. Aber auch hierfür bieten die VDE-Bestimmungen einen Ausweg. In VDE 0532-5 [19] sind Grenzwerte für die Kurzschlussscheinleistung festgelegt, die dann angewendet werden können. Einen Auszug – ergänzt um die Werte von Ik“ – enthält die Tabelle:

Un[kV] Um[kV] Sk[MVA] Ik[kV]
6 7,2 500 48
10 12 500 29
15 17,5 500 19
20 24 500 14
30 36 1000 19

Bei Verwendung der Tabellenwerte für 6-kV- und 10-kV-Anlagen kommt es mit Sicherheit zu Überdimensionierungen. In den heute betriebenen 10-kV-Netzen liegen die Kurzschlussscheinleistungen zwischen 200 und 300 MVA, da die Netzbetreiber die Kurzschlussströme durch die Gestaltung der Netze in Grenzen halten.

Mit welchen Kurzschlussgrößen ist bei Transformatoren zu rechnen?

Die zutreffende Norm ist VDE 0532-76-5 [19].

Die Kurzschlussgrößen sind:

  • die anerkannten Mindestwerte der Kurzschlussspannungen Uk in Abhängigkeit von der Transformatorleistung (Tabelle 1 der Norm)
    bis 630 kVA: 4 %
    631…1250 kVA: 5 %
    1251…2500 kVA: 6 %
    2501…6300 kVA: 7 %
    (der genaue Wert steht im Prüfprotokoll des Herstellers)
  • die zulässige Kurzschlussdauer (3-polig): 2 s
  • der Effektivwert des Kurzschlussstromes Ik = Ir / Uk
Welche zulässige Kurzschlussdauer haben Transformatoren?

Sie muss nach VDE 0532-76-5 [19] mindestens 2 s betragen, wenn kein anderer Wert vereinbart wurde. Für Transformatoren, die vor 2001 gefertigt wurden, ist dieser wichtige Wert dem Leistungsschild oder der Transformatordokumentation zu entnehmen.

Wie werden Temperaturüberwachungseinrichtungen eingestellt?

Öltransformatoren haben nach VDE 0532-102 [44] eine zulässige Umgebungstemperatur von -25 º C bis +40 º C.

Die zulässige Übertemperatur bei ON-Füllung (ON = Ölfüllung mit natürlichem Umlauf) darf im oberen Kessel 60 K nicht überschreiten.

Dieser Wert ist durch Thermogefahrmelder zu überwachen. Unter Berücksichtigung der relativ großen Temperaturzeitkonstanten stellt man ein:

  • Warnung bei etwa 80 º C
  • Abschaltung bei etwa 95 º C

Innenraumtrockentransformatoren haben nach VDE 0532-11 [45] eine zulässige Umgebungstemperatur von -5 º C bis +40 º C.

Die zulässige Wicklungstemperatur ist von der thermischen Klasse der Isolierstoffe abhängig und auszugsweise aus VDE 0301-1 [43] in der Tabelle 6-3 wiedergegeben. Diese Werte sind durch Wicklungstemperaturfühler auf Warnung bzw. Abschaltung zu überwachen, wobei die relativ große Temperaturzeitkonstante zu berücksichtigen ist. Man stellt daher z.B. bei der Isolierklasse E ein:

  • Warnung bei etwa 90 º C
  • Abschaltung bei etwa 110 º C
Wann dürfen Transformatoren kurzzeitig parallelgeschaltet werden, wenn dadurch der zulässige Kurzschlussstrom der Schaltanlage überschritten wird?

VDE 0101 Abschnitt 6.1.2 [4] gestattet das kurzzeitige Zusammenschalten von Anlagenteilen, auch wenn dabei der Kurzschlussstrom die Bemessungswerte der Anlage überschreitet. Das ist z.B. bei unterbrechungsfreien Sammelschienen- oder Transformatorwechsel notwendig. Es müssen aber geeignete Schutzmaßnahmen festgelegt werden, wie Betriebsanweisungen, Warnschilder an der Anlage oder eine Schaltverriegelung, die nur mit einem besonderen Schlüssel aufgehoben werden kann.

Welcher Unterschied besteht zwischen Schutzerdung und Betriebserdung?

Schutzerdung ist die Erdung eines leitfähigen Teils, das nicht mit den aktiven Leitern eines Stromkreises verbunden ist. Sie ist eine Schutzmaßnahme gegen elektrischen Schlag.
Betriebserdung ist die Erdung eines Punktes des Betriebsmittelstromkreises, die für den ordnungsgemäßen Betrieb von Anlagen nötig ist. Die Betriebserdung von Transformator- oder Generatorsternpunkten verhindert, dass bei Erdschluss der Spannungsanstieg der unbeteiligten Leiter größer wird als das 1,45-fache der Nennspannung.

Auslöseklassen eines Motorschutzschalters

Die Auslöseklasse (CLASS) eines thermischen Überlastauslösers gibt Aufschluss über die maximale Auslösezeit aus dem kalten Zustand. Diese Zeit bezieht sich auf eine gleichmäßige symmetrische 3-polige Belastung mit dem 7,2-fachen Einstellstrom. Die Zahl (z.B. CLASS 10) klassifiziert den Wert für die maximal zulässige Auslösezeit in Sekunden. Die Auslöser der PKZ-Systeme haben Auslöseklasse 10A.

Auslöseklasse Aulösezeit Tp[s]
10 A 2 < Tp ≤ 10
10 4 < Tp ≤ 10
20 6 < Tp ≤ 10
30 9 < Tp ≤ 10

Tabelle: Auszug aus IEC EN 60 947-4-1

Zwischen welchen Arten von Selektivität unterscheidet man?

Das Thema Selektivität wird besonders in den letzten Jahren immer mehr diskutiert und zum Teil pauschal in Ausschreibungen gefordert. Die Anforderungen als auch die Auswirkungen nach Vollselektivität oder Teilselektivität in den Energieverteilungsnetzen sollten mit den jeweiligen Netzplanern, Errichtern und Betreibern vorher geklärt werden.

Vollselektivität

Zur Wahrung der Versorgungssicherheit von Energieverteilungen wird immer mehr volle Selektivität gefordert. Als vollselektiv wird ein Netz bezeichnet, wenn in Energieflussrichtung gesehen (von der Eispeisung zum Verbraucher) nur das der Fehlerstelle vorgeordnete Schutzgerät abschaltet.

Teilselektivität

Teilselektivität heißt, die betreffende Gerätekombination (vor- oder nachgeordnet) ist nicht bis zu dem maximalen dreiphasigen satten Kurzschlussstrom Ikmax selektiv. Unter gewissen Umständen reicht auch eine Teilselektivität bis zu einem bestimmten Kurzschlussstrom. Für ungünstige Fehlerfälle sind dann Wahrscheinlichkeit des Eintretens und Folgewirkungen für den Verbraucher gegeneinander abzuwägen.

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